Nachhaltigkeit und Nachfolge

Mit der Gründung eines Schulverbandes, der von Stiftungsräten beaufsichtigt und von einer Geschäftsleitung geführt wird, wollte Ernst Waser Strukturen schaffen, die den Fortbestand des Erreichten garantieren und die Werke nicht von einzelnen Personen abhängig machen. Es ist ihm nicht entgangen, dass die einzelnen Schulleiter und Pfarrer für die Schulen und Internate schicksalsbestimmend sind und dass bei Wechseln in diesen Chargen oft ganz neue und nicht immer vorteilhafte Entwicklungen eingeleitet werden.

So musste er bei der Übergabe von Kuwu erleben, wie die Oberstufenschule durch die Trennung vom gewinnbringenden Internatsbetrieb in eine Krise schlitterte, wie die Pfarreiwerkstätte so stark vernachlässigt wurde, dass der Betrieb bald eingestellt werden musste und als Konsequenz daraus viele Familienväter arbeitslos wurden. Am konkreten Beispiel zeigt sich hier, wie schwierig es in der Entwicklungszusammenarbeit ist, dauerhafte Lösungen zu erreichen. Dies hängt wesentlich mit den ganz anderen Denkweisen der Leute zusammen. Auf Flores existiert noch keine Zivilgesellschaft, der man vertrauen könnte, die Menschen sind noch ganz im Sippendenken verwurzelt und handeln entsprechend. Darum werden Vetternwirtschaft und Korruption nicht so schnell auszurotten sein. Auch Ernst Waser musste dies lernen. Wie oben erwähnt, hat er mittlerweile Organisationsstrukturen geschaffen und Massnahmen getroffen, um das Erreichte möglichst gut zu erhalten. Dies ist besonders wichtig, weil er auf den 1. Juli 2004 altershalber die Verantwortung für die Pfarrei abgeben musste. Er lebt zusammen mit seinem Nachfolger, einem einheimischen Weltpriester, mit dem er sich gut versteht, im Pfarrhaus und wird täglich von vielen Ratsuchenden um Hilfe angegangen. Auf Privatland ist eine neue Baufirma und Werkstätte errichtet worden, um weiterhin für den Wasser- und Schulbau tätig sein zu können. Diese Firma ist als eine Art Familien-AG auf fünf Teilhaber-Familien überschrieben worden und so dem kirchlichen Einfluss entzogen. Auf deren Gelände soll demnächst ein Gebäude als einfache Altersresidenz für Ernst Waser mit zwei bis drei Besucherzimmern erstellt werden. Die regelmässigsten Besucher werden wohl ehemalige Ziehkinder sein, die im Pfarreihaushalt von Wangkung aufgewachsen sind. Ernst Waser hat sich nämlich immer Waisen oder Kindern aus schwierigen Verhältnissen angenommen und bei sich aufgezogen. Es ist zu hoffen, dass ihm noch einige Jahre segensreichen Wirkens vergönnt sind und dass die vielfältige Entwicklungsarbeit weite Kreise zieht und so Westflores bleibende Impulse verleiht.

Von Karl Kistler*

*Dr. phil. Karl Kistler ist Historiker und Geograph. Er unterrichtet seine Fächer an der Kantonsschule Oerlikon und Geschichtsdidaktik an der Universität Zürich.